Polares Regulationssystem zum Wohle des Ganzen
Es gibt zwei wesentliche Funktionsbereiche im Nervensystem, die uns einerseits mit der Außenwelt und andererseits mit unserer Innenwelt verbinden:
- Außenwelt: Das willkürlich steuerbare, motorische Nervensystem der Bewegungsmuskulatur, ausgehend vom Gehirn Richtung Skelettmuskulatur und das sensible Nervensystem, mit dem Reize aus der Umgebung und Empfindungen von der Haut Richtung Gehirn geleitet werden. Beide zusammen werden auch animalisches Nervensystem genannt. Es vermittelt den Kontakt zur Außenwelt, die wir über unsere Sinne wahrnehmen und in der wir uns mithilfe unseres Bewegungs“apparates“ bewegen.
- Innenwelt: Das sogenannte vegetative Nervensystem oder auch kurz Vegetativum genannt, ist der autonom gesteuerte, kaum willkürlich beeinflussbare Teil des Nervensystems (außer indirekt durch gezieltes mentales, den kontrollierenden Verstand umgehendes Training, wie beispielsweise erfahrene Yogis, das Autogene Training, Atem- / Achtsamkeitsmeditation oder die Biofeedback-Methode zeigen). Das Vegetativum erhält ununterbrochen sensible Informationen aus unseren Organen und Geweben und steuert im Millisekunden-Bereich über Nervenbahnen selbstständig und autonom Organfunktionen und Stoffwechselprozesse. Es sorgt so mit der inneren Anpassung auf Reize für eine Konstanz im inneren Milieu und setzt sich aus zwei gegenläufigen Anteilen zusammen → Sympathikus und Parasympathikus.
In diesem Artikel soll es ausschließlich um letzteres gehen: Das vegetative, autonome Nervensystem, welches für die Reiz- und Stressverarbeitung und die fragile Balance von Gesundheit und Krankheit von großer Bedeutung ist. Dabei arbeitet das im Stammhirn und im Rückenmark angesiedelte Vegetativum eng mit den anderen beiden großen autonomen Regulationssystemen – dem Hormonsystem sowie dem Immunsystem – zusammen. Alle drei beeinflussen sich gegenseitig in ihrer regulativen Funktion, verknüpft über die Funktionseinheit von Hypothalamus und Hypophyse im Mittelhirn.
Gedanken, Gefühle & Empfindungen beeinflussen vegetative Regulationen… und umgekehrt!
Das Vegetativum reagiert einerseits zwar automatisch auf Umwelt- und Innenweltreize und passt unsere Organ- und Stoffwechselfunktionen daran an. Aber es reagiert eben auch unmittelbar auf – positive wie negative, bewusste, halbbewusste und unbewusste – Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Glaubenssätze, Vorurteile und auf daraus folgende Gefühle, Emotionen und körperliche Empfindungen! Gedanken, Gefühle und körperliche Empfindungen beeinflussen sich dabei wiederum gegenseitig. Und dies kann sehr weitreichende Folgen haben, was das Gleichgewicht oder Ungleichgewicht unseres Gesamtorganismus angeht.
Sympathikus und Parasympathikus – Zwei Pole einer Einheit
Anspannung bzw. Aktivität und Entspannung bzw. Passivität sollten sich ungefähr die Waage halten. Verändert sich die Ausgewogenheit dauerhaft, ist Krankheit die Folge!
Das Vegetativum funktioniert hierbei auf der Grundlage des „Polaritätsgesetzes“: Beide Anteile gehören in der Gesamtregulation zusammen, wirken jedoch meist als Gegenspieler bzw. Hemmer der anderen Seite. Sie sind wie das Pendel einer Standuhr. Der bildliche Ausschlag des Sympathikus nach links entspricht der nachfolgenden Gegenreaktion des Parasympathikus nach rechts. Auf eine Phase von Anspannung / Aktivität / Festhalten/ „Tun“ muss also zwingend eine ausgleichende Phase von entsprechender Entspannung / Passivität / (Los-)Lassen / „Sein“ folgen. Beispiel: Einem aktiven, arbeitsreichen und zielorientierten Tag sollten sich ein entspannender Abend und ein erholsamer, die Verstandeskontrolle auflösender Schlaf anschließen. Der energieverbrauchende „Action-Anteil“ (männlich-aktiv-herausgebend, Tag, Yang) entspricht hierbei dem Sympathikus, der energieladende „Regenerations-Anteil“ (weiblich-passiv-hineinnehmend, Nacht, Yin) dem Parasympathikus.
Sinn und Ziel des Vegetativums ist Anpassung an Veränderung und letztlich die innere Ausgeglichenheit zum Wohle des Ganzen!
Sinn und Ziel des vegetativen Nervensystems ist die flexible und blitzschnelle Anpassung der Stoffwechselprozesse und Organfunktionen an Veränderungen, vermittelt über Umwelt- und Inweltreize, sogenannte Stressoren bzw. Stressfaktoren. Wobei Stress (engl. Druck) hier ein neutraler Begriff ist und nicht zwangsweise negativen, belastenden bis bedrohlichen Stress, sogenannten Disstress meint, sondern ebenso auch positiven, Lebenskräfte anregenden, aktivierenden Stress, sogenannten Eustress.
Dauerhaft gesehen dient das Vegetativum somit letztlich der Herstellung einer ausgewogenen und dynamischen „Mitte“, einer inneren Ausgeglichenheit der Funktionen Aktivität und Erholung im stofflich-organischen Bereich. Im Fachbegriff heißt dies Homöostase des Organismus. Homöostase kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Gleichstand der inneren Selbstregulation oder Ausgleich des inneren Milieus durch der aktuellen Lebenssituation angemessenen Regulationsprozesse. Zum Wohle des ganzen Organismus braucht es also immer beide gegenläufigen Anteile des Vegetativums, die sich wechselseitig ergänzen! Der Parasympathikus gleicht die Impulse des Sympathikus aus und umgekehrt! Im günstigen Fall „fließen“ beide Anteile ineinander über, pendeln harmonisch hin und her. Dies vermeidet zu heftige Reaktionen und Gegenreaktionen und lässt uns Wohlsein wahrnehmen, was wir als Gesundheit bezeichnen.
Häufige Auslöser starker vegetativer Pendelbewegungen sind kräftige körperliche, emotionale und mentale Stressreize
Starke Ausschläge auf eine Seite rufen spürbares Unwohlsein hervor. Solche Ausschläge sind beispielsweise starke Reize wie Schreck, körperlicher Dauerstress oder anhaltender emotionaler Stress (z.B. durch unbewusste, tiefsitzende Konflikte), die anfangs vor allem den Sympathikus anfeuern. Diese können bei voll funktionsfähigem Regulationssystem zwar kurzfristig kompensiert werden. Wenn dieser einseitige Zustand jedoch zu lange anhält, verstellt sich das ganze vegetative Nervensystem und es kommt immer häufiger zu heftigen Pendelbewegungen / Gegenreaktionen bzw. Fehlfunktionen mit spürbaren funktionellen Organstörungen. Die Balance und Harmonie des Vegetativums geht immer mehr verloren. Wenn der Zustand der zuerst noch funktionellen Störung als erste Stufe von Krankheit länger anhält und eventuell auch noch ungünstig (= rein symptomverdrängend) behandelt wird, können sich daraus ernsthafte organische Folgekrankheiten (Gewebeverlust, Gewebewucherungen, Zellschäden, DNS-Schäden usw.) als zweite, tiefere Krankheitsstufe entwickeln. Diese sind dann möglicherweise unumkehrbar und es „hilft“ oft nur noch symptomatische „Reparaturmedizin“, was ja unbestritten die Stärke der herkömmlichen Medizin ist.
Im einfache Falle der subjektiven Funktionsstörung ohne objektivierbaren organischen Befund (= der Mediziner findet bei der Untersuchung nichts materiell-organisch „Greifbares“!) lautet die Diagnose oft vegetative Dystonie, funktionelle Störung, autonome Dysregulation, Neurasthenie, Stress-Syndrom, somatoforme Störung oder psychosomatische Störung. Vor allem über letztere Diagnose sind viele Patienten irritiert oder wehren gar ab, vor allem, wenn der Mediziner ihnen eine Psychotherapie empfiehlt. Doch gar nicht so selten stecken dem Betroffenen selbst unbewusste, latent schwelende Konflikte dahinter, die über ihre enge Vernetzung mit organischen Funktionen eine Art „Störfeuer“ senden, welches autonome Regulationen im Körper nachhaltig durcheinander bringen kann. Und da die inneren Konflikte nur zum Teil bewusst oder gar gänzlich unbewusst sind, können sie ja auch von den Betroffenen verständlicherweise nicht artikuliert werden. Somit ist die Abwehr dagegen verständlich.
Klassische Homöopathie, ordnende Lebensberatung und Übungen zur Selbsthilfe können nützlich sein
Um ein bestehendes Ungleichgewicht im Vegetativum und in den Körperfunktionen wieder auszuregulieren, sind meist mehrere Maßnahmen kurz- und längerfristig nötig.
Hier kann beispielsweise mithilfe der Klassischen Homöopathie und optional einer eher begleitenden psychologischen Beratung / Lebensberatung relativ kurzfristig eine Besserung erzielt werden.
Achtsame Selbst-Erfahrung ist ein wichtiger Schlüssel zur Steigerung von Autonomie und Selbstheilungskraft!
Schritt für Schritt sollte das eigene Leben auf den „Gleichgewichtsprüfstand“. Denn nur wer einigermaßen achtsam und ausgeglichen denkt, sich verhält, ernährt und lebt, Unförderliches reduziert und mehr vom Förderlichen tut, bleibt auf Dauer auch im Fließgleichgewicht der inneren Regulation. Er verhindert zu heftige Ausschläge, längerfristige Einseitigkeiten und daraus resultierende regulative Erkrankungen.
Langfristig sind jedoch entspannende bzw. ausgleichende, lösende und tonisierende Übungen, beispielsweise regelmäßiges Waldbaden, Autogenes Training, Feldenkrais, Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Atemarbeit oder auch achtsamkeitsbasierte Meditation äußerst sinnvolle Hilfen zur Selbsthilfe! Diese dienen – nicht leistungsbezogen ausgeführt – der körperlichen Empfindungsschulung und geistigen Kultivierung von wohlwollender, nicht wertender Achtsamkeit. Probieren geht hier über Studieren und jeder sollte sich der Methode zuwenden, wo es ihn hinzieht und er selbstförderliche Erfahrungen macht.
Beispiele ausgleichender Gegenreaktionen des vegetativen Nervensystems
Ausgleichende Gegenreaktionen im vegetativen Nervensystem auf mehr oder weniger starke Reize / Stressfaktoren sind beispielsweise…
Wer innerlich in seiner Mitte ruht, braucht sich auch nicht mit heftigen Reaktionen auseinander setzen
- Körperlich der Wechsel von Fitness / Vitalität und Ermüdung / Erschlaffung, von innerer Leichtigkeit und Schwereempfindung, von Verstopfung und Durchfall, von Kälte- und Hitzeempfindung. Die gesteigerte Rötung (Durchblutung) der erhitzten Haut nach kurzem, kühlem Abduschen nach Saunagang. Der Schwächeanfall nach übermenschlicher Anstrengung, der lethargische Schockzustand nach großem, aufregendem Schreck. Der Kater und die Benommenheit im Kopf, sowie das deutliche Schlafbedürfnis nach einer durchgezechten Nacht oder das Erbrechen während eines Migräneanfalls als Gegenreaktion auf den Gefäßspasmus im Gehirn.
- Stimmungsschwankungen: Der emotionale Zustand des Beschwingt seins, des Aufgekratzt seins, der Euphorie und nachfolgend der Zustand des Gedämpft seins, der Apathie und der gefühlsmäßigen Leere. Oder Himmelhoch jauchzend und nachfolgend zu Tode betrübt sein. Oder die Depression nach einer manischen Phase. Schauspieler kennen das emotionale Stimmungsloch und die geistige innere Leere nach einer Theaterpremiere und der langen, intensiven Vorbereitungszeit darauf.
- Der mentale Zustand einer Phase höchster Konzentration, auf den eine Phase der Unfähigkeit zur Konzentration folgt („Pause“ bzw. Leere und Erschöpfung im Denken). Die mentale Wach- und Aktivitätsphase des Tages mit nachfolgender geistiger Müdigkeit und Gedankenleere am Abend. Studenten können mitunter im Rahmen von Prüfungen oder Diplomarbeiten ein Lied davon singen, ebenso stark verstandesorientierte, leistungsfixierte, ehrgeizige und überarbeitete Menschen.
- Der anhaltende „sympathische Zustand“ der körperlichen und geistigen Überaktivität, Getriebenheit und schleichenden Energieverschleuderung mit nachfolgender totaler Erschöpfung bzw. Burnout auf allen Ebenen als „parasympathische Notabschaltung“ des Menschen!
Diese Gegenreaktionen sind, wenn teilweise auch sehr unangenehm erlebt, völlig natürliche und logische Anpassungsregulationen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts, der Homöostase im Organismus. Wer keine heftigen Reaktionen möchte, sollte sie auch nicht bewusst durch den Gang in die Extreme hervorrufen!
Nachfolgend stelle ich die wichtigsten regulativen Funktionen des Sympathikus und des Parasympathikus dar sowie in Klammer dahinter mögliche Symptome bzw. Diagnosen, die sich aus der jeweiligen starken Gegenreaktion bzw. Überfunktion ergeben können.
1. Der Sympathikus,
der insgesamt schnell energiesteigernd auf den Organismus einwirkt: „Anspannung, Action, Jagen, Kämpfen oder Flüchten“, aktive Stressreaktion im Umgang mit Herausforderungen, Belastungen bzw. Notfällen ist sein regulatives Hauptprogramm.
Der Sympathikus stellt zur Stressreaktion aufputschende Hormone und Energiereserven bereit. Ist er ständig aktiviert, sind wir ständig gepuscht und die Energiespeicher leeren sich!
- Er stellt den Stoffwechsel in Richtung Katabolismus und Dissimilation. Das heißt, er setzt alle zur Stressreaktion benötigten Energiereserven zur Herstellung der vollen Leistungsbereitschaft frei. Glykogen-Energiespeicher, die als Speicherform der Glukose (Zucker) vor allem in Leber- und Muskelzellen liegen, werden abgebaut bzw. geleert. Wenn diese leer sind und nicht ständig schnell verwertbarer Nachschub an Kohlenhydraten über die Nahrung kommt, werden andere Stoffe wie Fette oder Eiweiße zum „Brennstoff“ Glukose umgebaut, damit ein ständiger Pool im Blut für alle aktiven Zellen vorhanden ist.
- Er regt in der Nebenniere die Adrenalin- und Noradrenalinproduktion (sog. Stresshormone bzw. Aggressionshormone) an.
- Er erhöht die Schilddrüsensekretion und damit die Stoffwechselrate, fördert die Glukosebereitstellung im Blut und hemmt die Insulinsekretion, damit alle aktivierten Zellen genug Brennstoff haben (wer kämpft oder flieht, braucht ständig genug „Brennstoff “ im Blut / Symptome: Erhöhte Anzahl von Schilddrüsenhormonen im Blut / funktionelle Hyperthyreose, erniedrigte Insulinwerte und erhöhte Blutzuckerwerte, vermehrte Nervosität, Ruhelosigkeit, Zappeligkeit, aufgedreht sein, häufiger Hunger, Gewichtsverlust, Herzklopfen, Zittern…).
- Er erhöht die Körpertemperatur (Symptome: Hitze, Fieber, evtl. Schwitzen als Kühlungsversuch).
- Er stellt die Pupille weit, um besser zu sehen (Symptome: Lichtempfindlichkeit, großwirkende Augen durch weite Pupillenöffnung / Mydriasis), er stellt das Auge in die Weite scharf (Symptom: Kurzsichtigkeit).
- Er steigert die Herztätigkeit, die Kreislaufgeschwindigkeit und den Blutdruck (Symptome: Beschleunigter, teils voller oder harter Puls, Herzklopfen bis Herzrasen, Bluthochdruck / arterielle Hypertonie, Kopfschmerz, innerlich wie unter Dampf / Gefühl, als ob man innerlich rennt, obwohl man sitzt oder liegt…).
- Er fördert die Durchblutung der Skelettmuskeln und steigert deren Reflexbereitschaft und Tonus (Symptome: Zuckungen, Verspannungen, Krämpfe, Muskelhartspann, Rückenschmerzen, Ischialgie, LWS-Syndrom / Lumbalgie / Hexenschuss, Bandscheibenvorfall, Spannungskopfschmerz, Nackenschmerzen / HWS-Syndrom usw.).
- Er verengt die Blutgefäße der Haut und stellt die Haare auf (wer kämpft oder flieht, braucht alles Blut im Gehirn, in der Lunge, im Herzmuskel und in den Skelettmuskeln / Symptome: Gänsehaut, Frieren, Frösteln, Haut-Durchblutungsstörungen / bläuliche Haut…).
- Er erweitert die Bronchien und erhöht die Atemfrequenz (wer kämpft oder flieht, braucht mehr Sauerstoff / Symptome: Beschleunigte Atemfrequenz, Atemlosigkeit, nach Luft schnappen müssen, Hyperventilation…).
- Er fördert die Schweißsekretion (wer kämpft oder flieht erhitzt sich und muss sich besser kühlen / Symptome: Reichlicher Schweiß, Schweißausbrüche, Nachtschweiß…).
- Ausnahmen in der Aktivierung sind beispielsweise die Verdauungs- und Ausscheidungsorgane, die vom Sympathikus in ihrer Durchblutung reduziert und in der Funktion gehemmt werden, da sie nicht für Kampf oder Flucht vonnöten sind. Im Gegenteil, dies wäre sogar sehr hinderlich:
- Er vermindert die Speichelsekretion (Symptome: Wenig bis zäher Speichel oder gar trockener Mund)
- Er unterdrückt die Blasen- und Darmfunktion (wer kämpft oder flieht, will nicht an Ausscheidung denken müssen / Symptome: Probleme mit Wasserlassen, geringe Urinmenge; Verdauungsstörungen aller Art wie beispielsweise trockener und harter Stuhl, [schmerzhafte oder schmerzlose] Verstopfung, Meteorismus / aufgetriebener Bauch / Blähungen…)
- Achtung: Das Symptom „Durchfall bei Stress“ ist eine schlagartige Gegenreaktion des Parasympathikus – eine Art wildes hin und her schlagen des Pendels – im ansonsten sympathikotonen Zustand.
- Auch das Immunsystem in seiner inneren Abwehrfunktion wird gebremst (wer kämpft oder flieht, hat es mit äußeren „Feinden“ zu tun / Symptome: Erkältungsneigung / gehäuft Schnupfen, Infekte etc. infolge Immunschwäche).
Einen tendenziell nervösen, angespannten, ruhelosen und hibbeligen Typen nennt man auch Sympathikotoniker
Die Reaktion des Sympathikus lässt uns aktiv und lebendig werden. In seiner Überreaktion erröten wir leicht, werden unruhig, nervös und zappelig, die Hände zittern, werden feucht und schweißig, der Blutdruck steigt, der Puls rast, es läuft uns mitunter kalt den Rücken runter. Wir haben tendenziell ein verringertes Schlafbedürfnis, liegen abends länger wach, können nicht einschlafen oder haben öfters Schlafstörungen.
Einem Menschen, dem dies immer wieder geschieht, nennt man Sympathikotoniker. Er befindet sich häufig in einer mehr oder weniger überzogenen Reaktionslage des Sympathikus, welcher über den Parasympathikus dominiert. Er hat schnelle Reaktionen und Reflexe, wirkt etwas hektisch, nervös, aufgedreht und angespannt. Er empfindet sich vielleicht innerlich, als ob er laufen würde und äußerlich wirkt er wie „unter Dampf“. Er ist wie ein Auto, das auf Vollgas läuft und nicht (freiwillig) zur Ruhe kommen kann.
2. Der Parasympathikus,
der auf Stoffaufnahme, Energiespeicherung, Aufbau, Regeneration und Erholung des Gesamtorganismus ausgerichtet ist: „Verdauen, Ausscheiden, Entspannen, Ruhen, Regenerieren und Akkus aufladen“ ist sein regulatives Hauptprogramm.
Der Parasympathikus bremst die Stresshormon-Ausschüttung und füllt die geleerten Energiespeicher nach erfolgter Stressreaktion wieder auf. Aber nur, wenn wir ihm Zeit genug dazu lassen!
- Er stellt den Stoffwechsel in Richtung Anabolismus und Assimilation: Fremde Stoffe und Energie aus der Umwelt werden in Körpereigenes umgebaut und zur Bereitstellung für kommende Aktivitäten eingelagert. Der Parasympathikus dient hierbei der Entspannung aller vorher aktiven, angespannten und auf Energiebereitstellung eingestellten Zellen. Er fördert den Aufbau körpereigener Reserven, die Aufladung der Zellen mit Energie und Lebenskraft, den Neuaufbau von verbrauchtem Gewebe sowie den Abtransport und die Ausscheidung von aggressiven, giftigen, verbrauchten und energieleeren Substanzen.
- Der Parasympathikus hemmt in den Nebennieren die Adrenalin- und Noradrenalinausschüttung, die vom Sympathikus hochgefahren wurde.
- Er reduziert die Stoffwechselrate, regt die Insulinsekretion an und hemmt die Schilddrüsensekretion (Symptome: Müdigkeit / Mattigkeit / Erschöpfung, erhöhte Insulinwerte und erniedrigte Blutzuckerwerte / Hypoglykämie, zuwenig Schilddrüsenhormone im Blut / funktionelle Hypothyreose…).
- Er verengt die Pupillen (Symptom: Kleinwirkende Augen durch enge Pupillenöffnung / Miosis), stellt die Augen auf Nahsicht scharf (Symptom: Weitsichtigkeit), aktiviert die Tränendrüsen (Weinen entspannt, ist quasi „Loslassen“ von innerer Spannung über die Augen / Symptome: Häufig feuchte Augen, Augentränen)
- Er verlangsamt die Herztätigkeit, verengt die Herzkranzgefäße, reduziert den Blutdruck im Gefäßsystem und die Kreislaufgeschwindigkeit sinkt (Symptome: Langsamer, schwacher, teils schlecht tastbarer Puls, zu niedriger Blutdruck / Hypotonie, Herzbeschwerden nach Belastungen, Herzschwäche…).
- Dadurch verringert sich auch die Durchblutung der Skelettmuskeln (Symptome: Kalte Hände / Füße bzw. kalte Gliedmaßen). Ebenso wird die Gehirndurchblutung reduziert (Symptome: Mentale Müdigkeit, Konzentration erschwert bis unmöglich, Benommenheit, Schwindel, Kreislaufstörungen, Kreislaufschwäche, Kollaps…).
- Er verengt die Bronchien (deren Muskeln ziehen sich zusammen / Symptome: Atemnot durch verengte Bronchien / Bronchospasmus / z.B. als endogenes, nicht allergisches Asthma nach starken Belastungsphasen) und mindert die Atemfrequenz und die Durchblutung der Lunge (Symptom: verminderte Sauerstoffsättigung im Blut).
Der Parasympathikus in der Ruhephase aktiviert alle Verdauungs- und Ausscheidungsorgane:
- Er steigert beispielsweise die Speichelsekretion (Symptom: Reichlich flüssiger Speichel, nächtlicher Speichelfluss).
- Er verstärkt die Magen- und Darmbewegungen und den dortigen Muskeltonus (Symptome: Spannungen und Druckempfindungen, Völlegefühl, krampfartige Schmerzen, Reizmagen / funktionelle Dyspepsie, Bauchschmerzen / Bauchkrämpfe, Reizdarm, Gallenkolik…).
- Er steigert die Ausschüttung von Verdauungssäften im Magen (Symptome: Magenbrennen, Sodbrennen, Reizmagen), Bauchspeicheldrüse, Leber / Gallenblase und Dünndarm.
- Er aktiviert den Dickdarm, wobei er die Flüssigkeitssekretion aus der Darmwand ins Innere anregt, die Muskelkontraktionen erhöht (Symptom: Durchfall, Darmkrämpfe z.B. bei Stuhlgang…) und den After-Schließmuskel entspannt (Symptom: Stuhl-Inkontinenz).
- Er aktiviert die Muskelkontraktion im Harnleiter und in der Harnblase (Symptome: Spannung, Druck, Krampfschmerz, Reizblase / hyperaktive Blase, gehäufte Blasenentleerung…) und entspannt deren Schließmuskel (Symptom: kann den Urin nicht halten, Harntröpfeln, unfreiwilliger Harnabgang / Harn-Inkontinenz).
Einen tendenziell betulichen, gemächlichen, langsamen und schlaffen Typen nennt man auch Vagotoniker
Die gemächliche Reaktion des Parasympathikus lässt uns entspannen, abschalten und loslassen. In seiner Übersteuerung fühlen wir uns jedoch desinteressiert, müde, matt, antriebslos und erschöpft, sind morgens im „Morgentief“ und kommen nicht richtig in die Gänge. Unser Schlafbedürfnis ist erhöht. Wir haben tendenziell trockene Haut, niederen Blutdruck, öfters kalte Hände und Füße und Verkrampfungen, z.B. in Form von Nackenschmerzen und/oder Spannungskopfschmerzen. Konzentrationsstörungen oder Schwindel treten auch öfters mal auf, da mit dem zu geringen Blutdruck (Hypotonie) zuwenig Sauerstoff ins Gehirn gelangt. Auch gelegentliche plötzliche Schwindel- und Schwächeanfälle oder gar Kreislaufzusammenbrüche (Kreislaufkollaps, Synkope), teils mit kurz anhaltender Bewusstlosigkeit können auftreten.
Einen Menschen, dem dies immer wieder geschieht, nennt man Parasympathikotoniker bzw. Vagotoniker (nach dem Nerv Vagus, welcher den Hauptanteil des Parasympathikus ausmacht). Hier dominiert der Vagus bzw. der Parasympathikus mehr oder weniger über den Sympathikus. Er hat tendenziell eher langsame Reaktionen und Reflexe, wirkt gemächlich und entspannt bis schlaff und lahmarschig.
Der Endzustand des Burn out, der totalen Erschöpfung, Verausgabung und Depression, ist beispielsweise so ein stark überzogener parasympathischer Extremfall, dem eine anhaltend starke Übersteuerung des Sympathikus infolge zu lange übertriebener Aktivität voran ging.
Das Darmhirn
Ein „Sonderfall“ des vegetativen Nervensystems ist das sogenannte enterische Nervensystem (ENS / abgeleitet vom Altgriechischen enteron = Darm), das autonome Nervensystem des Darmtraktes, auch „Darmhirn“ genannt. Dieses unterliegt im Gegensatz zum Sympathikus und Parasympathikus noch weniger der übergeordneten Regulation durch das Zentralnervensystem bzw. des Hypothalamus im Gehirn. Was bedeutet, dass es relativ autonom Darmfunktionen regelt, lediglich in den Grundfunktionen vom Sympathikus und Parasympathikus gebremst oder aktiviert wird.
Mit rund 100 Millionen Nervenzellen ist das Darmhirn die größte Nervenansammlung außerhalb des Gehirns. Wie das Vegetativum verfügt es selbst über hemmende und aktivierende Anteile. Aufgabe des Darmnervensystems ist die Analyse der Nahrungsbestandteile und Flüssigkeiten (rund 30 Tonnen und 50.000 Liter im Leben!), Koordination der peristaltischen Darmbewegungen und der Verdauungsdrüsen, die Steuerung der Flüssigkeits- und Nährstoffaufnahme und äußerst wichtig, die Regulierung des darmassoziierten Abwehrsystems, welches mit einem Anteil von über 70% aller körpereigenen Immunkräfte hier lokalisiert ist! Die Darmwand ist somit die wichtigste Abwehrbarriere im Organismus, an der die Immunzellen lernen, „Gut“ von „Böse“ bzw. Freund von Feind zu unterscheiden.
Der Begriff Bauchhirn kommt nicht von ungefähr. Es „denkt“ weitgehend selbstständig und unabhängig vom Oberstübchen und sendet wesentlich mehr Informationen noch oben ins Gehirn als vom Kopfhirn hinunter zum Bauchhirn gelangen. Diese nach oben zum Gehirn steigenden Informationen haben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Denk- und Fühlebene und somit auf unser gesamtes Wohlbefinden! Im Darmhirn werden massenhaft psychoaktive, auf das Mentale und Emotionale einwirkende Substanzen produziert, wie etwa 97% des gesamten körpereigenen Serotonins („Gelassenheitshormon“) sowie Dopamin („Glückshormon“) oder Opiate (Endorphine: Verleihen „Flügel“ und stillen Schmerz) etc. Hier bekommt auch der Ausdruck Bauchgefühle oder Bauchstimme einen sinnhaften Bezug, nämlich den zur Intuition und der Entscheidung aus dem Bauch heraus.
Zur Ergänzung, falls von Interesse: Vor mehr als drei Monaten hatte ich einen heftigen Verkehrsunfall mit dem Fahrrad. Ein Autofahrer hat mich seitlich vom Rad gefahren, einige Meter durch die Luft geschleudert währenddessen ich mich um 180 Grad gedreht habe. Wie durch ein Wunder keine Knochenbrüche, jedoch eine ganze Liste an Verletzungen. Inzwischen bin ich neben der Krankengymnastik bei einem Osteopathen (da ist sie wieder, die ganzheitliche Betrachtung :-) ) in Behandlung um mein Autonomes Nervensystem bzw. mich wieder ins Gleichgewicht zu bringen, die Anspannung zu lösen und runterfahren zu können. Ergänzend dazu versuche ich viele entspannende Tätigkeiten auszuüben, langsam und ruhig an Dinge heranzugehen und immer mal wieder bewusst eine Meditationspause einzulegen. Die Symptome werden weniger, mir geht es zunehmen besser. :-) Es hat mich nicht nur physisch sondern ganzheitlich "so richtig aus der Bahn geworfen". Und jetzt erfahre ich, wie der Körper sich selbst heilen kann, wenn er nur den richtigen Impuls und die richtige Unterstützung durch mein Tun erfährt. ... und neben der Ruhe viel Zeit und Geduld bekommt. Schulmedizinsch ist sowohl organisch als auch neurologisch alles in Ordnung. Man konnte keine Ursache (soweit man schulmedizinisch von Ursachenforschung sprechen kann) für mein Rauschen in den Ohren, Flimmern in den Augen (Netzhaut in Ordnung, Gesichtsfeld in Ordnung), die Herzrhythmusstörung, Schlafstörung, körperliche Erschöpfung etc. finden. bzw. auf die verordneten Schlaftabletten habe ich total paradox reagiert und in Rücksprache mit meinem Arzt nicht weiter genommen. Stattdessen bin ich zum besseren Schlafen auf einen Arzneitee (Schlaf- und Nerventee) ausgewichen und versuche Ruhe in den Alltag und damit in mich zu bringen. Das musste ich auch erstmal erkennen, denn ich wollte so schnell wie möglich wieder aktiv werden und zurück ins Leben. Nochmal Danke für die gute Zusammenstellung und Vermittlung der Information. Herzliche Grüße Maria
Ich hoffe Sie können mir helfen aus dem „schwitzigen, gereizten“ Leben der letzten 4 Jahre helfen. Seit ca. 4 Jahren habe ich bei der kleinsten körperlichen Anstrengung, wie zum Supermarkt gehen, (max. 200m), oder kleinsten Stress starke Hitzeschübe, gefolgt von einem ziemlichen Schweißausbruch. Anschließend beruhigt sich der Körper wieder. Auch habe ich nun eine ziemlich niedrige Temperaturverträglichkeit. Zuvor waren der Hochsommer bzw. heißes Klima überhaupt kein Problem, nun schwitze ich wie verrückt! Auch meine Stimmung ist seit dieser Zeit ziemlich in den Keller gerutscht, und zu guter Letzt habe ich auch noch einen Tinitus bekommen...Die Ursache waren ein 3/4 Jahr voller DauerStress. Sowohl beruflich, als auch privat. Unser Kind war ein Schreikind, max. 4 - 5 Stunden Schlaf (nicht durchgehend), dazu ständig wechselnder Turnusdienst, Überstunden, kaum Schlaf, so gut wie nie Ruhe und immer nur Stress. Ich musste mich generell in diesem Jahr sehr viel ärgern und aufregen. Jedenfalls wollte ich schlafen gehen, lege mich ins bett, schwitze das Bett naß und seitdem habe ich die angesprochenen Symptome.
Kardiologe, (Belastungs-EKG OK), diverse Bluttests (aufällig hoher CK Wert) , Nuklearmedizin (Schilddrüse),Endokrinologie versucht… nichts auffälliges keine verbesserung. EINZIG geholfen hat eine Cranio Sacral Massage, aber leider nur für 1-2 Tage… Ich bin der Meinung, dass mein Sympathikus der Auslöser ist. Gibt es eine Möglichkeit diesen dauerhaft zu senken ? Mfg Roland
Mit freundlichen Grüssen Renate Eiba
Ich ging da durch und manchmal habe ich noch mit den "Randausläufern"zu kämpfen. Fünf Jahre voller Panikattacken, Bournout, Angina Pectoris, Rückenverspannungen und allen organischen Leiden! Zum Glück traf ich damals auf einen ganzheitlich behandelnden Arzt. Es geht nicht von heute auf morgen, aber wenn man versteht, was sie hier beschreiben, ist "Licht am Ende des Tunnels". Leider werden Menschen von der Schulmedizin derart falsch behandelt mit erschreckenden Folgen. Ich bin dankbar für jeden, der sich anders orientiert. Dankeschön! Andrea
Danke für diesen sehr wissenschaftlichen, verständlichen und aufschlussreichen Artikel und für den Hoffnungsschimmer, sich nicht mit diesen ganzen Beschwerden abfinden zu müssen! LG. Kristina
Wenn Sie eine Resonanz zur Klassischen Homöopathie haben (Ein paar grundlegende Infos im Link), probieren Sie es doch mal auf diesem Wege. Grüße sendet Dieter Wolf
Leicht verständlicher und sehr informativer Beitrag. Ich bin vor zwei Jahren auf der Arbeit mal zusammengebrochen. Plötzliches Herzrasen (bei 150 zirka) und Blutdruckanstieg und dies währenddem ich eine nicht-anstrengende-langweilige Exceltabelle am bearbeiten war. So ähnliche Zustände hatte ich in den späteren Wochen weitere Male. Etliche Untersuchungen (Blut, EKG, Belastungs-EKG, Ultraschall) haben ergeben dass ich komplett gesund bin. In den späteren Monaten wiederholten sich diese Zustände ab und zu, jedoch nicht so heftig. Fitness-Trainig und ähnliches haben nicht immer geholfen, zum Teil war es das Gegenteil. Akupuktur und Tunia war das einzige was mir helfen konnte.
Heute bin ich auf diesen Artikel gestossen (ich suchte nach vegetativen Nervensystem). In der Sparte der Sympathikussymptome kann ich mich zum grossem Teil sehr gut wiederfinden. Ich war verwundert, dass kein Arzt mir Infos bezüglich dem vegetativen Nervensystem gegeben hat. Alle kennen mich als einen Typen, der nicht stillsitzen kann und immer irgendwo unterwegs ist. Das war ich von Kind an immer. Die Informationen welche ich hier gelesen haben erleichtern mich sehr. Ich hab irgendwie das erste Mal das Gefühl, mal einen guten Ansatz zu haben.
Aus Sicht der Homöopathie sowie der TCM (Traditionellen chinesischen Medizin) liegt die Ursache von Krankheit im Feinstofflich-Energetischen (Lebenskraft / Chi) und zeigt sich über Symptome im Körperlichen: Zuerst in Funktionsstörungen - vermittelt v.a. über das Vegetativum (aber auch Hormon- sowie Immunsystem) - und erst später dann auch im Organischen. Und erst hier, im Organischen als bereits weit fortgeschrittene Krankheitsstufe, kann mit den rein aufs materiell-stoffliche zielenden Diagnosemitteln der Schulmedizin etwas handfestes festgestellt werden. Doch viel wichtiger wäre es, bereits auf der ersten Krankheitsstufe - der Funktionellen - sanft!!! regulierend einzugreifen, damit es erst gar nicht zur zweiten Stufe kommt!