Die zwei inneren Wölfe – Kampf zwischen Gut und Böse

Die Legende vom weißen und schwarzen Wolf

Der innere WolfEin alter und weiser Indianerhäuptling sitzt eines Abends am Lagerfeuer im Tipi mit einem seiner Enkelsöhne beisammen und erzählt ihm über seine Erfahrungen im Leben:

„Im Leben eines jeden Menschen gibt es zwei innere Wölfe, den weißen und den schwarzen Wolf. Beide ringen und kämpfen seit ewigen Zeiten miteinander um die Vorherrschaft in uns und damit in der Welt und werden dies auch in Zukunft weiter tun.

Den einen Wolf nennen wir Menschen böse oder auch falsch. Er steht für all die dunklen, schattenhaften Anteile in uns und arbeitet mit TRENNUNG, Angst, Schuld, Selbstmitleid, Grübeln, Verleugnung, Unterdrückung, Betäubung, Depression, Isolation, Zwietracht, Egozentrik, Geltungssucht, Eifersucht, Neid, Maßlosigkeit, Gier, Habsucht, Genusssucht, Überheblichkeit, Intoleranz, Rechthaberei, Dogmatismus, Fanatismus, Zwang, Verhärtung, Erstarrung, Vorurteil, Abwertung, Verachtung, Feindschaft, Destruktivität, Hass und Gewalt.

Den anderen Wolf nennen wir Menschen gut oder auch richtig. Er nutzt die Qualitäten von VERBINDUNG, Achtsamkeit, Vertrauen, Offenheit, Liebe, Großzügigkeit, Wohlwollen, Güte, Verständnis, Mitgefühl, Freundschaft, Friedfertigkeit, Rücksicht, Demut, Gelassenheit, Wahrhaftigkeit, Hoffnung, spielerische Heiterkeit und Freude ebenso wie Flexibilität, Wandlungsbereitschaft, Kreativität, Begeisterungsfähigkeit, Autonomie, Klarheit für Einsicht, Kritikfähigkeit, Maßhaltigkeit, Selbstbeherrschung, Verlässlichkeit, Mut, dynamische Tatkraft, Zielorientierung, Visionen, Willensstärke, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen.“

Der Enkel schaut nachdenklich in die züngelnden Flammen des auflodernden Feuers. Funken steigen auf und verlieren sich im Nachthimmel. Nach einer langen Weile fragt er seinen Großvater:

„Und welcher der beiden Wölfe wird gewinnen, Großvater?“

Und der alte Häuptling schaut ihn eindrücklich an und entgegnet:

„Der wird letztendlich gewinnen, den du am häufigsten fütterst!

Darum lebe achtsam und lerne beide Wölfe in Dir gut kennen und ganz wichtig, nehme sie liebevoll an! Denn beide sind Teil Deines irdischen, menschlichen Geistes! Und schule achtsam deinen inneren Beobachter, der jenseits beider Wölfe wertfrei und wohlwollend bezeugt, auf welcher Seite du dich gerade befindest. Ich nenne ihn den Heiligen Wolf, den Wächter des Augenblicks!

Und so wähle jeden Moment und jeden Tag von Neuem deinen dich nährenden Wolf!“

Die Weisheit in der Legende – Das ewige Spiel mit Polarität, Rhythmus & Ausgleich

Wir Menschen sind während unseres Leben ständig wechselnden, teils sehr widersprüchlichen Gefühlen und Stimmungen ausgesetzt. Diese werden ausgelöst durch unsere subjektiven Wahrnehmungen von aktuellen äußeren Situationen (Außenreizen), eigenen körperlichen Empfindungen, Gedanken, Vorstellungen und Erwartungen sowie Erinnerungen aus dem Gedächtnisspeicher.

Unser denkender Verstand analysiert, deutet, interpretiert und bewertet diese Eindrücke in den Grundmustern angenehm-unangenehm, richtig-falsch, gut-schlecht und legt sie im Erinnungsspeicher als jederzeit wieder abrufbare, komplexe „Informationsbündel“ ab. Letztlich entsteht so aus unendlich vielen empfindungs-, gefühls- und gedankenbasierten Einzeleindrücken unser – teils bewusst, meist jedoch unbewusst – geprägtes Menschen-, Welt- und Glaubensbild. Und genauso prägen sich unsere automatischen, unbewussten Reaktionsmuster – der sogenannte „Autopilot“ – auf (emotionale) Stress-Belastungen ein.

Und je nach charakterlicher Ausgangslage (z.B. Pessimist-Optimist, mehr Ich- oder Du-Betont, mehr Ordnungs- oder Wandlungsbetont) und daraus erfolgter Ausrichtung unserer Wahrnehmung und Wertung geraten wir in „positive“ oder „negative“ Gefühlsbereiche. Diese sind nicht per se falsch oder richtig, sind jedoch immer Anzeiger innerer Prozesse. Die eigentliche Fragen sind…

„Um ein unerwünschtes Maß mentaler Schwingung zu beseitigen, lasse das Prinzip der Polarität wirken und konzentriere dich auf den Pol, der dem, was du unterdrücken willst, entgegengesetzt ist. Ertöte das Unerwünschte, indem du seine Polarität änderst.“ Kybalion

Welche Seite, welchen Pol in mir möchte ich tendenziell besser wahrnehmen, nähren und damit ausgleichen, ohne den anderen Pol zu verleugnen, abzuspalten, zu unterdrücken, zu verdrängen usw. Also ohne so zu tun, als existiere die andere Seite in meinem Geist nicht. Und wie durchlebe ich mein Leben bewusst und achtsam mit meiner akzeptierten und meiner abgelehnten Seite, mit meinem „Schatten“? Wie kann achtsam eine Bewegung stattfinden, damit die rhythmischen Pendelbewegungen zwischen den Polaritäten nicht zu groß und heftig werden? Und genau dies ist die Kunst gelingenden Lebens und zeigt in ihrer Vollendung „Ge-Lassen-heit“!

Einen gewissen Einfluss auf unsere Gefühle und Gedanken und deren Auswirkungen auf uns und die Welt haben wir. Das Stichwort heißt hier Schulung des Geistes, beispielsweise durch psychologische Beratung und eine nicht suggestive, achtsamkeitsbasierte Meditation unter Anleitung eines Lehrers. Die Achtsamkeit als eigentliche Lehrmeisterin beinhaltet das Erkennen und Annehmen aller Lebensausdrücke, und auch das Zweifeln, Scheitern, Fallen, Wiederaufstehen und Weitermachen gehört dazu! Dieser Erfahrungs- und Entwicklungsprozess über die wohlwollende Achtsamkeit hat als Fundament ganz essentiell mit der regelmäßigen Einübung zweier Schritte zu tun:

  • Mit Selbst-Bewusstsein, auch Achtsamkeit oder Gewahrsein genannt: Dem klarsichtigem, wertungsfreiem Bewusstwerden von dem, was in mir ist, also meiner Empfindungen, Gefühle und Gedanken im Hier und Jetzt ohne Wertung
  • sowie mit Selbstliebe oder Selbstannahme: Dem freundlichen, wohlwollenden, liebevollen Annehmen des gerade Erkannten, unabhängig davon, wie mein Verstand dies werten würde (Selbstliebe nenne ich auch: Mir stets ein guter Freund sein durch Annahme der Realität, die in mir so ist, wie sie gerade ist! Und dies schließt zukünftige Wandlungen, Veränderungen ja nicht aus!).

Wenn wir jedoch die Zügel der Geistesschulung allzu oft schleifen lassen, uns der weltliche Alltag überrollt, Notwendigkeiten, Verantwortung oder eingeschleifte Automatismen an uns zerren, dann werden wir zum hilflosen Spielball des Lebens und seiner Emotionen. Dann hängt es an unseren meist zufällig erworbenen Konditionierungen – besonders prägend in den ersten (3-4) Lebensjahren durch die Welt- und Glaubensbilder enger Bezugspersonen – sowie gesellschaftlicher Normen, auf welcher Seite wir „zufällig“ und unbewusst landen.

(Unförderlicher) Rhythmus kann durch die Anwendung der Kunst der Polarisation neutralisiert werden.“ Kybalion

Wer sich mit den Themen Gut-Böse, Richtig-Falsch, Einheit-Polarität, Resonanz, Rhythmus etc. weiter beschäftigen will, dem sei u.a. folgende Literatur empfohlen:

  • Gut dargelegt sind die scheinbar widersprüchlichen Wechselspiele des Guten und Bösen, des Hellen und Dunklen jenseits von polarisierender Schwarz-Weiß-Malerei im Buch „Mit dem Bösen leben lernen – Warum wir das Gute wollen und immer wieder das Böse tun“ von Stephen Batchelor.
  • Vertiefend und erhellend ist auch der erste Teil des Buches „Krankheit als Weg“ von Thorwald Dethlefsen und Rüdiger Dahlke, im Besonderen die Kapitel „Polarität und Einheit“, „Der Schatten“ sowie „Gut und Böse“.
  • Zum psychologischen Thema Selbstbewusstsein und Selbstliebe (sowie Eigenverantwortlichkeit, Selbstbestimmung, Zielgerichtetheit/Lebensvision und Integrität/Authentizität) im umfassenden Rahmen des Selbstwertgefühls von Nathaniel Branden Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls“.
  • Zum Thema wohlwollende Achtsamkeit und Geistesschulung/Meditation: „Das Achtsamkeits-Training“ von Marc Williams und Danny Penman
  • Über die 7 grundlegenden geistig-philosophischen Prinzipien, welche die materielle Realität beeinflussen wie Geistigkeit, Analogie, Schwingung, Polarität, Rhythmus, Ursache und Wirkung sowie Geschlecht in „Kybalyon – Eine Studie über die hermetische Philosophie des alten Ägyptens und Griechenlands“. Gleichgültig, ob es um materielle oder spirituelle Belange bzw. Entwicklungswege geht – es gelten immer die gleichen, geistigen Gesetze. So jedenfalls sehen es die Hermetiker und Dethlefsen und Dahlke bauen darauf auf.

Ein von mir abgewandeltes Zitat aus dem Talmud zeigt den Einfluss von Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen auf unsere Sicht der Realität sehr anschaulich:

ACHTE auf deine Gedanken, Gefühle und Empfindungen, denn sie werden zu subjektiven Wahrnehmungen, Vorstellungen, Deutungen, Interpretationen, Standpunkten und Stimmungslagen deiner Version der Realität.

ACHTE auf deine Wahrnehmungen, denn sie werden zu Worten und Aussagen über dich und andere.

ACHTE auf deine Worte, denn sie werden zu Handlungen, Aktivitäten und Taten in der Welt.

ACHTE auf deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten, unbewussten Automatismen und Routine.

ACHTE auf deine Gewohnheiten, denn sie prägen deinen tiefen Charakter und formen die oberflächliche Persönlichkeit.

ACHTE auf Charakter und Persönlichkeit, denn er wird dein Leben und „Schicksal“ mitbestimmen und letztlich deinen geistigen Weg erleichtern oder erschweren.

Also beginne mit deinen Gedanken, Gefühlen und Empfindungen! Und so wird das Ende dein Anfang…

…und so wächst der eine oder der andere Wolf!

©2014, aktualisiert 16.02.19 Heilpraktiker Dieter Wolf, München – Ganzheitliche Gesundheitsberatung – Achtsamkeitstraining, Atemarbeit & Meditation – Psychologische Beratung, Klassische Homöopathie & Psychosomatik

 

Kommentare (6)

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  1. 18. September 2017
    Sehr gute Weisheit! Von den Indianern kann man viel lernen :-)
  2. 3. April 2017
    Ich bin zufällig auf diese Seite und somit auch auf diese Geschichte gestoßen und auch wie andere zu vor finde ich diese sehr schön ....und jetzt denke ich gerade so darüber nach und merke dass meine Gedanken mich eher zum bösen Wolf treiben wo bei ich eigentlich sehr viele Freunde habe die mich auch gut kennen aber wenn ich dann auf meine Gedanken aufpasse merke ich ....das ich eher Negativ denke und viel anders sehe als meine Familie und das überrascht mich sehr ...
  3. 28. August 2016
    Wunderschön beschrieben!
  4. 22. November 2015
    Da gibt es nur einen Satz: Wie wahr, wie wahr! Man ist wirklich seines Glückes Schmied, wie es so schön heißt und man macht sich seine eigenen kleinen oder größeren Teufelchen. Beste Grüße
  5. 2. September 2014
    Diese Geschichte finde ich sehr treffend zu meiner aktuellen Situation ... Ich nähre oft den Wolf der mir nicht so gut tut...ist aber auch nicht so leicht die Programmierungen abzustreifen:)......
    • 8. September 2014
      Hallo Dani Wahrlich, es ist oft nicht leicht eine unförderliche Denk- und Wahrnehmungsweise in eine selbstförderliche zu verändern. Es ist jedoch nicht unmöglich! Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt... Selbst-Bewusstsein und Selbstachtung sind hierbei die Grundzutaten zur positiven Entwicklung.